Rolf Kühn
JAZZIKONE ROLF KÜHN HINTERLÄSST LETZTES STUDIOALBUM. FEARLESS ERSCHEINT AM 06. DEZEMBER 2024 BEI MPS.


Das letzte Studioalbum der Jazzlegende Rolf Kühn wird am 06. Dezember 2024 bei MPS veröffentlicht. Der am 18. August 2022 verstorbene Klarinettist hatte nur wenige Wochen vorher die Aufnahmen zu seinem letzten Werk in den Hansa Studios beendet. Am 29. September wäre er 95 Jahre alt geworden.

Rolf Kühn war ein Ausnahmekünstler, ein deutscher Jazzmusiker der Königsklasse, einer der ganz wenigen von Weltformat, so der Kritiker Bert Noglik. Dass es seine letzte Aufnahme sein würde, wusste Kühn nicht, als er sich Ende Juni 2022 mit seinem Quartett im Berliner Hansa Studio traf. Und so wird es auch für die Jazzwelt eine Überraschung sein, mit Fearless noch ein letztes Album des "Gentleman des Jazz" (FAZ) zu erleben, welches nun als musikalisches Testament erscheint. Ganz in seinem Sinne, behutsam sowie mit großer Liebe und Respekt für seine Wünsche wurde es von seinem engsten Umkreis, seinem Bruder Joachim, seiner Frau Melanie, seiner Band sowie Arrangeur Jörg Achim Keller fertiggestellt und kuratiert.

Die balladesken, aber auch die schnellen, vorantreibenden Kompositionen von Kühn lassen stets Freiräume zu für das, was für ihn den Jazz ausmachte: die Musik gemeinsam entstehen zu lassen, fliegen zu lassen in einer sich im Zuhören und Fühlen entwickelnden Improvisation. Diesmal, sagte er während der Aufnahmen, habe er das Material als persönliches Experiment geschrieben und zum ersten Mal nicht am Klavier komponiert, sondern die Musik direkt notiert. "Das Klavier war immer das Kontrollinstrument. Jetzt habe ich das Gefühl, ich brauche es nicht mehr". Die Themen seiner Stücke seien durchkomponiert, doch dazwischen sei alles frei und entstehe aus dem Moment heraus. Auch sei nicht festgelegt, wer das erste Solo spiele, diese Art von Spontaneität sei ihm immer wichtig gewesen.

Auf Fearless finden sich sieben eigene Kompositionen Kühns sowie drei Coverversionen. Wenn man das Album hört, ist da dieser virtuose, scharfkonturierte und doch warme Klarinettenton, auch in den leisen Tönen kristallin und akzentuiert, schreibt seine Biografin Maxi Broecking in den Liner Notes. In den zärtlich verträumten Balladen wie "Somewhere" (L. Bernstein) oder "Tears in Heaven" (E. Clapton) ebenso wie in dem spontan im Studio entstandenen "Free Exit".

2023 erhielt Rolf Kühn posthum den Deutschen Jazzpreis für sein Lebenswerk (zusammen mit seinem Bruder Joachim). Joachim Kühn: "Schon seit Anfang der Sechziger Jahre ist mein Bruder Rolf für mich der weltbeste Jazzklarinettist. Das ist auch bis heute so geblieben. Sein Ton ist unübertroffen und sofort erkennbar. Jetzt, mit 92 Jahren, seine letzte Platte. Ganz neue, eigenständige Kompositionen. In seinen Solos hört man so viel Seele und Feeling wie noch nie. Ein wahres, großartiges Vermächtnis."

Kühns Quartett stand wie kein anderes für das Zusammentreffen von vier Generationen, die in der Musik die Begrenzung von Zeit und Raum überwinden: Bassistin Lisa Wulff, Perkussionist Túpac Mantilla, Pianist Frank Chastenier und Kühn selbst, 92-jährig an der Klarinette.

Beim schließlich letzten Konzert des Klarinettisten Anfang Juni 2022 in der Hamburger Elbphilharmonie spielte er erstmalig mit dem Geiger Rodrigo Bauzá. Wie er es sich gewünscht hatte, aber zuletzt nicht mehr selbst hören konnte, wurden nachträglich einzelne Aufnahmen mit Streicherarrangements Jörg Achim Kellers für Bauzás Cuareim Quartet ergänzt. Dieses Collageverfahren hatte er bereits in früheren Aufnahmen für MPS verwendet, wie bei seinem Album Symphonic Swampfire. Musikalische Grenzen auslotend und erweiternd, seiner eigenen Klangidee folgend. Der Musik, die er liebte, bis zuletzt. Furchtlos. Kühn.

Einen ersten Einblick in das Album gewährt die am 27.09. veröffentlichte Single "Somewhere", ein in den 1950er Jahren von Leonard Bernstein für die "West Side Story" geschriebener Klassiker, jener Zeit, in der Kühn in den USA lebte. Seine Interpretation hatte er nur ein einziges Mal öffentlich gespielt, beim X-Jazz-Festival am 3. Mai 2022 in der Berliner Emmauskirche.

Das Album erscheint auf LP, CD und digital.

Foto: Timo Jäger
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Frank Chastenier: "Diese Zeit im Studio waren wirklich Tage größter Freude. Wir hatten zwar bereits vorher geprobt, aber bei der Aufnahme sind viele spontane Dinge entstanden. Und wenn Rolf am Ende der Balladen ganz allein die Schlusskadenz spielt, höre ich darin sein ganzes Leben und die komplette Jazzgeschichte, die er in sich trug. Es war einfach sein wunderschöner warmer Ton, der mich immer berührt hat."

Túpac Mantilla erinnert sich an den letzten der vier Studiotage: "Es gab diese Energie absoluter Aufregung und Freude, gleichzeitig war es ein sehr intimer Aufnahmeprozess. Rolf war immer präsent, mit einer absoluten Begeisterung für das Leben und dieser funkelnden, kindlichen Essenz spielerischer Neugier. Seine Musik spiegelt das wider. Mit der Reife und dem Wissen all dieser Jahrzehnte war es eine Ehre und gleichzeitig immense Freude, mit ihm spielen zu dürfen."

Lisa Wulff: "Rolf hatte mich für die Aufnahmen zu seinem Album "Yellow + Blue" eingeladen. Die erste Begegnung war magisch. Ich habe ihn immer dafür bewundert, Neues auszuprobieren. Auch für seinen Mut, seine Spielfreude, Begeisterungsfähigkeit, Offenheit und Güte. Er war sehr liebevoll im Umgang, und es war ein Miteinander auf Augenhöhe, ohne dass der Altersunterschied eine Rolle spielte. Ich habe sehr von seiner Erfahrung und Musikalität profitiert. Er war einfach eine Legende, schon zu Lebzeiten."



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